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Gori

Irgendwie anders

Gori ist die Geburtsstadt Josef Stalins, der gebürtig Iosseb Dschughaschwili hieß. Aber dazu später mehr.
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Kurz nach unserer Ankunft bemerkten wir: Hier stimmt etwas nicht. Es klingt absurd, aber wir fühlten uns unwohl und hatten sogar leichte Paranoia. Die Leute guckten einen meist böse an, teilweise als führten sie etwas im Schilde. In den Straßen wimmelte es von herumlungernden Jugendlichen. Das ist uns in keiner anderen Stadt Georgiens aufgefallen. Wir fühlten uns irgendwie unerwünscht. Auch das typisch Freundliche der Georgier, war nicht vorhanden. Vielleicht hängt die skeptische Art der Einwohner mit den Ereignissen der jüngsten Geschichte zusammen. Im Kaukasuskrieg von 2008, war die Stadt Ziel russischer Luftangriffe, die unter anderem auch zivile Opfer forderten.

Stalin - Vermächtnis eines Diktators

Hinzu kommt, dass man hier scheinbar nicht genau weiß, wie man mit Stalin umgehen soll. Relativ offensichtlich scheint man ihm hier zu huldigen. Es gibt eine Stalin-Allee, einen nach ihm benannten Platz und einen Park. Allerdings hatte man vor dem Rathaus im Jahre 2010 die Stalin-Statue entfernt und eine Umorientierung des Stalinmuseums angekündigt. Weg von all der Glorifizierung. Doch es kam anders. Die Statue wurde ein paar Jahre später vor dem Museum wieder aufgestellt. Das Museum huldigt ihm nach wie vor. Wahrscheinlich ist man trotz allem irgendwie doch stolz, Geburtsstadt einer so geschichtsträchtigen Figur zu sein. Im Museum kann man neben Fotografien allerlei persönlich Kram Stalins besichtigen, wie zum Beispiel seinen Schreibtisch, Geschenke anderer Staatsoberhäupter und eine seiner Totenmasken. Im Außenbereich befindet sich unter einem tempelartigen Pavillon die kleine Hütte, in der er 1878 geboren wurde. Außerdem kann man seinen persönlichen Eisenbahnwaggon besichtigen, mit dem er zu Konferenzen reiste. Zwei Belgierinnen, die wir in unserer Unterkunft kennenlernten, erzählten uns, dass im Museum mit keinem Wort auf die Hungersnöte eingegangen wird, die er zu verantworten hatte. Im Gegenteil. Stattdessen gab es ein Gemälde von zwei freudestrahlenden muskelbepackten Feldarbeitern. Wir entschieden uns nicht ins Museum zu gehen.

Unangenehme Begegnung auf der Festung

Gori erhielt seinen Namen von der Festung Goris-Ziche, was zu Deutsch etwa “Festung auf dem Hügel” bedeutet. Erstmals wurde sie im 7. Jahrhundert urkundlich erwähnt. Unter der noch erhaltenen Ruine, befinden sich sogar Überreste einer noch älteren Festungsanlage, die im 2. bis 3. Jahrhundert v. Chr. angelegt wurde. Von der Festung aus hat man einen guten Blick auf die Stadt. Unser Blick fiel von hier oben auf eine der vielen Jugendgruppen, die etwas unterhalb der Festung an einer Parkbank einen aus ihren Reihen zu Hänseln schienen. Immer wieder schubsten und verspotteten sie ihn. Als sie bemerkten, dass wir sie beobachteten, stoppten sie ihren “Zeitvertreib” und machten sich ebenfalls auf den Weg zur Festung. Wir dachten uns dabei nichts weiter und setzten unseren Rundgang fort. Ich stand gerade auf einem kleinen Gerüst, auf dem ein Fernglas montiert war, durch das ich in die Ferne schaute, als ich bemerkte, dass sich die Jugendlichen plötzlich im Halbkreis um Moni herum aufgestellt hatten. Auf die Frage, ob ich irgendwie helfen kann, begannen sie uns auszulachen und scheinbar zu verspotten. Wieder eine sehr beunruhigende Situation. Wir suchten relativ schnell das Weite und waren froh, dass wir nicht weiter verfolgt wurden.

Ein trauriger Anblick

Im Akhalbagi-Park, direkt vor unserer Unterkunft, befand sich ein frei zugänglicher Mini-Zoo, an dem wir zufällig vorbei kamen. Ein weiteres unschönes Erlebnis. Im Kaukasus heimische Tiere, wie unter anderem ein Schakal, ein Fuchs und sogar ein ausgewachsener Bär, verwahrlosen hier in winzigen Käfigen in ihren eigenen Exkrementen. Ein riesiger Adler, saß für einen Vogel untypisch mit nach vorn ausgestreckten Beinen auf seinen Schwanzfedern, ebenfalls im eigenen Kot. Wir bereuten den Abstecher in den Park.

Tja was sollen wir sagen. Wäre es nur einer der vielen Momente gewesen, die in Gori unangenehm waren, wäre alles halb so schlimm gewesen. Wir sind ehrlich und raten eher davon ab hier Stopp zu machen. Es gibt in Georgien definitiv sehr viel schönere Orte.

Uplisziche - Uralte Höhlenstadt

Den nächsten Tag wollten wir auf keinen Fall in der Stadt verbringen. Wir hatten genug gesehen. Unser Ausflug ging daher zur 10 km von Gori entfernten Felsenstadt Uplisziche. Wir hatten gerade noch unseren Mietwagen in höchsten Tönen vor Charlotte und Emma gelobt. Die zwei Belgierinnen begleiteten uns heute. Doch nichts tat sich. Beim Drehen des Zündschlüssels gab der Wagen keinen Mucks von sich. Die Batterie war tot. Versehentlich hatten wir über Nacht den Blinker angelassen. Es schien, als wollte Gori uns nicht gehen lassen. Zum Glück gab uns der Vermieter unserer Unterkunft kurzerhand Starthilfe und die Fahrt konnte mit etwas Verzögerung losgehen. Wir setzten Charlotte und Emma am Eingang der Felsenstadt ab und drehten noch eine Extrarunde, der Autobatterie zuliebe. 

Uplisziche ist eine antike Stadt, deren rund 700 Gebäude direkt in den Felsen geschlagen wurden. Wohnhäuser, Paläste, Lagerhäuser, Gefängnis, Bäcker und Apotheke – alles wurde dem weichen Sandstein in Form von Höhlen und Tunneln abgerungen. Die 150 noch erhaltenen Bauwerke, kann man in einem gut erschlossenen Freilichtmuseum besichtigen. 

Schon in der Bronzezeit siedelten Menschen auf dem Plateau am Fluss Kura. Es zählt damit zu den frühesten Siedlungen überhaupt. Die Felsenstadt wurde im 6. Jahrhundert v. Chr. gegründet und entwickelte sich zu einem großen Handelszentrum an der Seidenstraße. Aufgrund der ehemals mächtigen Festungsanlagen, gelang es hunderte von Jahren niemanden, Uplisziche zu erobern. Erst im 13. Jahrhundert war der mongolische Herrscher Ögedei Khan erfolgreich und zerstörte die Stadt. Über der Felsenstadt thront die christliche Fürstenkirche aus dem 10. Jahrhundert. Im Mittelalter lebten hier bis zu 20.000 Menschen. Die letzten Einwohner verließen Uplisziche im 18. Jahrhundert. ⠀

Das Freilichtmuseum ist wirklich sehr gut besucht. Wir hatten aber noch Glück. Als wir zum Ausgang kamen, wurden gerade drei neue Reisebusse ausgekippt. Am Eingang sammelten wir die zwei Belgierinnen wieder ein und fuhren gemeinsam zur Ateni’s Sioni, einer Kirche aus dem 7. Jahrhundert in einem malerischen Tal. Der Pfarrer schloss uns extra das Gebetshaus auf, obwohl im Inneren gerade Restaurationsarbeiten stattfanden. Der Garten rundherum war wunderschön und saftig grün. Überall wuchs Wein und der Geruch von frischen Kräutern lag in der Luft.

Ein letzter Abend in Gori ohne weitere Zwischenfälle

Den Abend verbrachten wir ebenfalls zu viert in einem Restaurant in Gori. In Georgien ist es übrigens nicht selten, dass man sein Essen nicht gleichzeitig bekommt. Serviert wird, wenn es fertig ist. Dabei ist es egal, ob die Vorspeise als letztes kommt oder eine Person erst essen kann, wenn alle anderen bereits fertig sind. So auch hier. Aber das sollte uns nicht stören, da wir im Vergleich zum Vortag, eine wirklich schöne Zeit hatten.

Trotzdem waren wir froh, als wir am nächsten Tag die Weiterreise antreten konnten. Tschüss!